Europarechtliche Haftung des Fahrscheinverkäufers
Fahrscheinverkäufer haften europarechtlich mitunter für die Vertragsbedingungen der Beförderer, für die sie Fahrscheine verkaufen; das kann sehr praktisch sein, wenn man jemanden verklagen will, den Beförderer selbst aber nur schwer greifen kann.
Wenn ich über ein Online-Portal einen Beförderungsvertrag schließe, dann ist das Online-Portal nur Vermittler und damit als Stellvertreter vertragsrechtlich außen vor. Manchmal will ich mich aber gerade mit dem Online-Portal streiten, weil das in Deutschland sitzt, während der Beförderer im Ausland für mich schwer zu erreichen ist. Das klappt unter bestimmten Voraussetzungen. Etwa, wenn es um eine Fährpassage oder eine Busfahrt geht und der Beförderer den Fehler macht, in verschiedenen EU-Staaten unterschiedliche Preise oder Vertragsbedingungen für dieselben Beförderungsverträge aufzurufen. Das kommt häufiger vor als man denkt, auch noch 2024, ist zumindest eine mittelbare Diskriminierung anhand der Staatsangehörigkeit der Kunden und europarechtlich seit Urzeiten streng verboten. Nach Art. 5 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1177/2010 (Fährpassagen) bzw. Art. 5 Abs. 2 VO (EU) Nr. 181/2011 (Busfahrten) haften „Fahrscheinverkäufer“ für die vom Beförderer aufgerufenen Preise und Bedingungen.
Das ist dann vermutlich eine Art vorvertraglicher Haftung, die im deutschen Recht über § 311 Abs. 3 BGB abgebildet werden dürfte. Rechtsprechung scheint es nicht zu geben.