Litigation

Eigentlich will man sich nicht streiten, aber wenn man es doch tun muss, dann sieht man sich vor Gericht. In dieser Situation geht es darum, die eigene Rechtsposition realistisch zu analysieren und eine klare Prozessstrategie zu entwickeln.

Keine Cyberversicherung ohne IT-Sicherheit

Schließen Sie keine Versicherung ab, wenn Sie nicht vorhaben, sich an die Versicherungsbedingungen zu halten.

Etwa eine Cyberversicherung, die Schäden aus Hackerangriffen abdecken soll. Die muss nämlich nicht zahlen, wenn erfolgreich angegriffene IT-Systeme Sicherheitslücken hatten, meint das LG Kiel im Mai 2024. In dem Verfahren hatte der Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss wahrheitswidrig behauptet, er würde seine IT-Systeme mit aktuellen Sicherheitsupdates usw. versorgen. Tatsächlich stimmte das aber gar nicht, sondern hatte er das „im Bewusstsein seiner Unkenntnis ins Blaue hinein“ nur so gesagt. Arglistige Täuschung, sagt das Landgericht, und schon ist der Versicherungsschutz weg. Anders übrigens im Mai 2023 das LG Tübingen: Fehlende Sicherheitsupdates auf einigen Windows-Servern sind egal, wenn auch die gepatchten Server erfolgreich angegriffen wurden und letztlich eine „Design-Schwäche“ von Windows ausgenutzt wird.

Das war ganz praktisch für mich als Versicherungsnehmer, wenn ich strukturell unsichere IT-Systeme einsetze, ist aber nun eben überholt.

Europarechtliche Haftung des Fahrscheinverkäufers

Fahrscheinverkäufer haften europarechtlich mitunter für die Vertragsbedingungen der Beförderer, für die sie Fahrscheine verkaufen; das kann sehr praktisch sein, wenn man jemanden verklagen will, den Beförderer selbst aber nur schwer greifen kann.

Wenn ich über ein Online-Portal einen Beförderungsvertrag schließe, dann ist das Online-Portal nur Vermittler und damit als Stellvertreter vertragsrechtlich außen vor. Manchmal will ich mich aber gerade mit dem Online-Portal streiten, weil das in Deutschland sitzt, während der Beförderer im Ausland für mich schwer zu erreichen ist. Das klappt unter bestimmten Voraussetzungen. Etwa, wenn es um eine Fährpassage oder eine Busfahrt geht und der Beförderer den Fehler macht, in verschiedenen EU-Staaten unterschiedliche Preise oder Vertragsbedingungen für dieselben Beförderungsverträge aufzurufen. Das kommt häufiger vor als man denkt, auch noch 2024, ist zumindest eine mittelbare Diskriminierung anhand der Staatsangehörigkeit der Kunden und europarechtlich seit Urzeiten streng verboten. Nach Art. 5 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1177/2010 (Fährpassagen) bzw. Art. 5 Abs. 2 VO (EU) Nr. 181/2011 (Busfahrten) haften „Fahrscheinverkäufer“ für die vom Beförderer aufgerufenen Preise und Bedingungen.

Das ist dann vermutlich eine Art vorvertraglicher Haftung, die im deutschen Recht über § 311 Abs. 3 BGB abgebildet werden dürfte. Rechtsprechung scheint es nicht zu geben.