Präzedenz-Mythen

Die Süddeutsche Zeitung schreibt, dass eine Lösung des strukturellen Konflikts zwischen datenhungrigen KI-Entwicklern und den Medien nur in den USA beginnen könne. Stimmt das, und wie gut ist die SZ informiert?

In ihrer Ausgabe vom 18. Oktober 2024 schreibt die Süddeutsche Zeitung (Paywall) darüber, dass KI-Unternehmen aus den USA, etwa die Suchmaschine Perplexity, ihre KI-Modelle unter anderem mit Inhalten aus dem Internet trainieren, darunter der Website der New York Times, die sich das nicht (mehr) gefallen lassen will. In dem Artikel heißt es:

Aus Sicht der Medien ist das Trainieren von KI und die Verwendung ihrer Artikel als Basis für Antworten immer ein Verstoß gegen das Urheberrecht.

Stimmt natürlich nicht, ist aber ja auch nur eine Art von (sprachlich missglücktem) Zitat. Siehe für die Rechtslage in Deutschland etwa die bei aller Ambivalenz doch differenziertere Regelung des § 44b UrhG, die auf europäischer Ebene ihr Pendant in Art. 4 der DSM-Richtlinie von 2019 findet.

Auf lange Sicht können nur Gerichte und Gesetzgeber den Konflikt zwischen dem Datenhunger der KI-Entwickler und den Urheberrechten der Medien lösen. Und das muss in den USA beginnen. [..] Erste Urteile dort hätten mit ihrer Präzedenz langfristige Auswirkungen, wie KI-Entwickler mit dem Urheberrecht umgehen müssen.

Nein und nein. Erste Urteile gibt es bereits, und zwar aus Deutschland, zum Beispiel vom Landgericht Hamburg mit seinem Ende September 2024 ergangenen Urteil im LAION-Verfahren. Der europäische Gesetzgeber ist bereits vor fünf Jahren mit der Verabschiedung der DSM-Richtlinie (s.o.) aktiv geworden, die der deutsche Gesetzgeber 2021 umgesetzt hat (nämlich u.a. mit der Schaffung des neuen § 44b UrhG). Da wartet ehrlich gesagt niemand auf einen Impuls aus den USA. US-amerikanische Gerichtsentscheidungen könnten höchstens innerhalb der USA eine gewisse Präzedenzwirkung haben.

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