Sie betreiben eine E-Commerce-Website und fragen sich vielleicht, so wie ich, wie das mit der nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) seit Ende Juni 2025 erforderlichen Barrierefreiheitserklärung funktioniert, und was Sie genau tun müssen? Auf den ersten Blick ist es wie immer etwas unübersichtlich, und das Internet hält eine verwirrende Vielzahl von Informationen bereit. Aber keine Sorge, es ist gar nicht so kompliziert. Es sind (derzeit) nur fünf goldene Regeln, die Sie beachten müssen, damit Ihre Barrierefreiheitserklärung den rechtlichen Vorgaben entspricht, und die ich in diesem Beitrag erkläre.
Übrigens: Wenn Sie die gesetzlichen Vorgaben für die Barrierefreiheitserklärung nicht oder nicht vollständig beachten, dann liegt eine sogenannte formale Nichtkonformität (§ 30 Abs. 2 BFSG) vor. Die Marktüberwachungsbehörde, die Websites stichprobenartig von sich aus (Anlage 1 Nr. 2 b) cc) BFSG) prüft, kann Sie dann zur Korrektur auffordern und ein Bußgeld in Höhe von bis zu hunderttausend Euro verhängen (§ 37 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 BFSG). Außerdem dürfte dann auch ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht vorliegen, nämlich in Gestalt von § 3a UWG, so dass Sie abgemahnt werden können.
Anlage 3 zum BFSG erläutert, welche Informationen in Ihrer Barrierefreiheitserklärung enthalten sein müssen. Die Anlage ist einigermaßen unklar formuliert, in der Sache geht es aber darum, dass Sie die Funktionen Ihrer Website beschreiben und erklären, wie die Website die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt. Wie Ihre Erklärung heißt, ist nicht so wichtig. Schreiben Sie doch einfach „Erklärung zur Barrierefreiheit“ oder „Informationen zur Barrierefreiheit“, wer Sie sind und für welche Website Ihr Text gelten soll. Gemäß Anlage 3 Ziffer 1 BFSG müssen Sie die dann folgenden drei Punkte erläutern:
Weil Anlage 3 zum BFSG den ersten der oben genannten Punkten in zwei einzelne Aspekte geteilt hat, werden Sie das in vielen Barrierefreiheitserklärungen ebenso geteilt finden, eine solche Trennung ist aber aus meiner Sicht nicht erforderlich. Übernehmen Sie einfach die oben vorgestellte Struktur und schreiben Sie zu jedem Punkt einen Absatz. Falls Sie Inspiration brauchen: Die Barrierefreiheitserklärung des REWE-Online-Shops ist gut geraten. Wenn Sie längere Erklärungstexte bevorzugen, schauen Sie doch mal bei IKEA oder notebooksbilliger.
Schreiben Sie sonst nichts in Ihrer Erklärung. Je weniger Sie schreiben, desto weniger müssen Sie später vielleicht überarbeiten, und desto weniger Fehler können Sie machen. Wie Ihre Website muss auch Ihre Barrierefreiheitserklärung barrierefrei zugänglich sein - auch das spricht für weniger Text, weil der im Zweifel einfacher (nämlich schneller) zu lesen ist.
Falls Teile Ihrer Website nicht barrierefrei sind, obwohl sie das sein müssten, oder wenn Ihre Website nicht alle Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt: Erwähnen Sie das nicht, außer wenn Sie sich auf die Ausnahmetatbestände der § 16 BFSG (grundlegende Veränderung) oder § 17 BFSG (unverhältnismäßige Belastung) berufen.
Verbraucherinformationen nach Art. 246 EGBGB würde ich ebenso nicht in die Barrierefreiheitserklärung aufnehmen, auch wenn Anlage 3 zum BFSG das so zu sagen scheint. Diese Informationen müssen Sie ohnehin bereits auf Ihrer Website bereitstellen und es würde nicht viel Sinn machen, wenn Sie die Informationen ein zweites Mal bereitstellen. Gemeint ist vielmehr, dass Sie nun eben zusätzlich zu diesen Verbraucherinformation auch Informationen über die Barrierefreiheit Ihrer Website bereitstellen müssen.
Falls Sie nicht die oben genannten Formulierungen übernehmen, sondern auf Generatoren oder Muster aus dem Internet zurückgreifen: Achten Sie darauf, dass die tatsächlich für die Nutzung durch Unternehmen gedacht sind. Viele Generatoren und Muster decken nur die Barrierefreiheitserklärungen ab, die gemäß Art. 7 Abs. 2 EU-Richtlinie 2016/2102, EU-Durchführungsbeschluss 2018/1523 und § 12b BGG auf den Websites öffentlicher Einrichtungen enthalten sein müssen. Sie leben gefährlich, wenn Sie diese Barrierefreiheitserklärungen ohne Anpassungen verwenden, unter anderem, weil dort gerade empfohlen wird, etwaige Defizite bei der Barrierefreiheit einer Website anzugeben (siehe Regel 2).
Wenn Ihre Website sich nicht nur an in Deutschland lebende Verbraucher richtet, sondern man auch aus dem EU-Ausland bestellen kann, dann müssen Sie die Barrierefreiheitserklärung in die jeweiligen Landessprache übersetzt bereitstellen. Die Richtlinie 2019/882 und die nationalen Umsetzungsregelungen in den EU-Staaten enthalten so eine Übersetzungspflicht ausdrücklich zwar nur für Informationen über Produkte und nicht auch für Informationen (Ihre Barrierefreiheitserklärung) über Dienstleistungen (Ihre Website). Ich gehe aber davon aus, dass die Aufsichtsbehörden von einer Übersetzungspflicht ausgehen werden.
Auch wenn Anlage 3 zum BFSG das empfiehlt: Nehmen Sie die Barrierefreiheitserklärung nicht in ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf. Allgemeine Geschäftsbedingungen werden zu einem Bestandteil Ihrer Verträge mit Verbrauchern, die Sie nach Vertragsschluss nicht mehr so einfach einseitig ändern können. Sie wollen ja auch nicht, dass Gerichte Ihre Barrierefreiheitserklärung einer AGB-Kontrolle unterwerfen, siehe etwa das Urteil des Kammergerichts gegen Apples „Datenschutzrichtlinie“ aus dem Dezember 2018. Stellen Sie die Barrierefreiheitserklärung als separate Seite bereit, so wie Sie es auch bei Ihrer Datenschutzerklärung tun, und verlinken Sie diese separate Seite auf jeder Seite Ihrer Website, z.B. im Footer-Bereich. Verbraucher müssen Ihrer Barrierefreiheitserklärung bei Bestellungen nicht zustimmen, und sie müssen auch nicht erklären, sie gelesen oder zur Kenntnis genommen zu haben.