Es wurde in diesem Blog bereits argumentiert, dass die Konformitätsvermutung des § 4 BFSG die maßgebliche Schaltstelle sein wird, um die vom BFSG angeordneten Anforderungen an die Barrierefreiheit von IT-Produkten und IT-Diensten zu beurteilen. Wie aber funktioniert das im Detail? § 4 BFSG nennt drei Voraussetzungen für die Geltung der Konformitätsvermutung:
Schauen wir uns diese drei Voraussetzungen einmal im Detail an.
Harmonisierte Normen sind gemäß § 2 Nr. 19 BFSG solche europäischen Normen, die gemäß der EU-Normungsverordnung auf Grundlage eines Auftrags der Europäischen Kommission zur Durchführung von Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union angenommen wurden. Für die Barrierefreiheit von IT-Produkten und IT-Diensten existiert eine harmonisierte Norm, nämlich die Norm EN 301 549, die ursprünglich auf Grundlage eines Auftrags der Europäischen Kommission von Dezember 2005 erstellt wurde.
Die letzte Version der harmonisierten Norm EN 301 549, für die eine Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, ist die Version v3.2.1 (2021-03), deren Fundstelle im August 2021 im Amtsblatt veröffentlicht wurde.
Die harmonisierte Norm EN 301 549 deckt seit ihrer letzten Aktualisierung 2021 zwar die Anforderungen der EU-Richtlinie 2016/2102 ab, nicht dagegen auch alle Anforderungen der neueren EU-Richtlinie 2019/882, zu deren Umsetzung in Deutschland das BFSG dient. Das bedeutet, dass eine vollständige Konformität von IT-Produkten und IT-Diensten mit den Anforderungen des BFSG derzeit nicht auf dem Wege der Konformitätsvermutung mit der Norm EN 301 549 hergeleitet werden kann. Die Europäische Kommission hat eine Überarbeitung der Norm bereits 2022 angestoßen, ein Entwurf der aktualisierten Norm soll wohl noch 2024 veröffentlicht werden.